Finger weg von Cannabis Aktien

Deutschland will Cannabis legalisieren.

Das ist doch eigentlich genau der richtige Zeitpunkt um Aktien von Cannabis-Unternehmen an der Börse zu kaufen. Oder?

Falsch.

massenproduktion cannabis

Mein Investment in Tilray

Als ich Ende letzten Jahres zu Gast bei „Money Mindset“ war, sah ich die Cannabis Branche für Investoren noch als interessant an. Aus verschiedenen Gründen hatte ich in den US-Produzenten Tilray (NASDAQ:TLRY) investiert, der auch in Deutschland bereits medizinisches Cannabis vertreibt.

Tilray besitzt neben dem Vertrieb mehrere Plantagen innerhalb der EU, die zum Teil nichtmal zu 50% ausgelastet sind. Das bedeutet, dass eine Legalisierung die Nachfrage bringen würde, die Tilray derzeit fehlt, damit das Unternehmen seine Plantagen mit maximaler Auslastung betreiben kann.

Die dadurch entstehenden Mehrkosten wären marginal gegen das viel größere Produktionsergebnis, da die meisten Fixkosten bereits jetzt gedeckt sind.

Der Cannabis Markt entwickelt sich anders als gedacht

Mein Investment in Tilray habe ich mittlerweile komplett aufgelöst und alle Anteile verkauft.

Doch wieso der Sinneswandel?

Nach zahlreichen Gesprächen mit Unternehmen, Patienten und anderen Beteiligten in der Branche, Artikeln, Büchern und Studien, die ich in den letzten Monaten zu dem Thema gelesen habe, hat sich meine Meinung zum Thema Cannabis Aktien geändert.

Meine Ursprungsthese war einmal ganz minimalistisch: Wenn Deutschland und andere EU Länder legalisieren, dann muss das Zeug auch irgendwo herkommen. Ein Unternehmen wie Tilray, das in den USA bereits erfolgreich Cannabis verkauft und schon mehrere Standbeine in der EU hat, sollte von solch einer Entwicklung am meisten profitieren.

Meine Recherche in den letzten Monaten hat jedoch meine Sichtweise auf die Dinge geändert.

Schlechtes Cannabis und Grower

Man berührt Blüte einer weiblichen Cannabispflanze
Die Blüten der Pflanzen sind enorm empfindlich und sollten am besten nur so wenig wie möglich angefasst werden

Die medizinischen Sorten, die Tilray in Deutschland produziert sind qualitativ in Ordnung, mehr aber auch leider nicht. Mann hat zwar die Gewissheit, dass sich darin keine Streckmittel und andere Giftstoffe wie auf dem Schwarzmarkt befinden können, das Produkt selbst ist jedoch maximal OK (Dies scheint bei nahezu allen derzeitigen medizinischen Produzenten der Fall zu sein).

Durch Massenproduktion, chemische Dünger und zahlreiche andere beeinflussende Faktoren wie Erde, Bewässerung, Wärme, Licht usw., leidet hier die Qualität des Endprodukts.

Im Grunde genommen ist es wie bei Lebensmitteln, bei denen man die Liebe und auch den BIO-Faktor schmeckt. Cannabis, dass unter den perfekten Umständen und BIO-zertifiziert angebaut wird, bei dem keine chemischen Zusätze verwendet werden, wird am Ende einfach ein qualitativ besseres Ergebnis liefern.

Nicht zuletzt ist die richtige Trocknung der Blüten enorm wichtig, damit sich kein Schimmel bildet und das Geschmacks- und Wirkungsprofil nicht verloren geht und sich am besten ausbildet. Dass große Produzenten ihre Ernte so schnell wie möglich trocknen müssen, damit diese verkauft werden kann, verschlechtert die Qualität enorm.

Cannabis Trocknung sollte 10 - 14 Tage dauern
Eine richtige Trocknung dauert 10 – 14 Tage und nicht nur 2 – 7 Tage.

Auch werden viele Sorten gar nicht in Deutschland selbst angebaut, sondern teils Übersee, von wo sie weite Strecken zurücklegen müssen, die weder dem Produkt gut tun, noch der Umwelt.

Aus all diesen und vielen weiteren Gründen fangen in Ländern, die bereits legalisiert haben, vermehrt Menschen damit an selbst Pflanzen anzubauen und nicht bei Konzernen wie Tilray zu kaufen.

Richtlinien der Legalisierung in Deutschland

Porträt unseres derzeitigen Gesundheitsministers Prof. Dr. Karl Lauterbach / © Copyright: BMG / Thomas Ecke

Gesundheitsminister Prof. Dr. Karl Lauterbach treibt derzeit die Legalisierung in Deutschland voran und will so früh wie Anfang nächsten Jahres das Gesetz durch haben. Die Richtlinien dieser Legalisierung, wie sie derzeit besprochen werden, zerstören jedoch den gesamten Markt für Produzenten in Deutschland.

Auch wenn Konzerne wie Tilray weiterhin medizinische Sorten in deutschen Apotheken anbieten werden, so wird es jedoch keinen „normalen“ Verkauf der Sorten geben. Cannabis soll in Deutschland über Social Clubs vertrieben werden, die non-profit Genossenschaften darstellen und ihre Sorten selbst anbauen müssen.

Die Abgabe wird strikt geregelt und offizielle Verkaufsstellen wie zum Beispiel Coffeeshops sind nicht vorgesehen. Auch wenn ich glaube, dass wir in einigen Jahren genau solche Verkaufsstellen haben werden, verzögert sich hierdurch und durch die größere Anzahl an Growern der Zahltag für Unternehmen wie Tilray.

Ausblick & Fazit

Auch in der Zukunft bereitet mir diese Aussicht Bauchschmerzen. Da auch der Eigenanbau zuhause mit Limits legalisiert werden soll, ist vermutlich zum Zeitpunkt, wenn dann Coffeeshops endlich mal kommen, niemand mehr daran interessiert.

Außerdem schauen zahlreiche andere europäische Länder derzeit auf Deutschland und könnten sich die Legalisierung abschauen, sollen wir mit unserem Konzept Erfolg haben und einen Mehrwert schaffen.

Die Branche bleibt weiterhin spannend und es gibt zahlreiche weitere Unternehmen, die unabhängig von der Legalisierung in Deutschland bereits erfolgreich und profitabel Produkte in der Cannabis Branche verkaufen. Von einem Investment in Cannabis Produzenten, Marken oder Verkäufer würde ich derzeit jedoch stark abraten.

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