Um den Markt zu schlagen und überdurchschnittliche Renditen zu erwirtschaften haben sich Investoren jeher die kreativsten Dinge ausgedacht. „Sell in May and go away“ und viele andere Versuche den Markt zu timen, also zu einem bestmöglichen Zeitpunkt zu verkaufen, gehen oft daneben und erzielen das genaue Gegenteil von dem was man sich erhofft hat. Statt einer hohen Rendite erhält man nur eine magere Vergütung für seine Investments. Viele Studien und Artikel zeigen jedoch, dass die womöglich einfachste und beste Investmentstrategie auch gleichzeitig die Schwierigste ist. Denn Tote performen besser.
Eine Studie¹ des Finanzdienstleisters Fidelity sollte herausfinden welche Konten ihrer Kunden sich am besten entwickelt hatten und mussten zu ihrer Überraschung feststellen, dass die Inhaber eben jeder Konten bereits gestorben waren. Wie kann das sein?
Unser Kopf arbeitet gegen uns
Nachrichten sind wichtig um das Weltgeschehen zu verstehen und die Wirtschaft im Auge zu behalten – keine Frage. Doch wie viele dieser Nachrichten sind wirklich wichtig um sinnvolle Investmententscheidungen zu treffen? Vermutlich weniger als 1%. Das folgende Beispiel erklärt das „Big-Picture“-Denken hinter einem langen Investmenthorizont eigentlich sehr gut: Im Jahr 1919 ging Coca-Cola an die Börse. Das Unternehmen, das Investmentlegende Warren Buffett zu einem großem Vermögen verhalf, war bereits rund 60 Jahre vor seinem Investment an der Börse gelistet. Coca-Cola hat nicht nur eine, sondern gleich zwei Jahrhundertwenden als Unternehmen mitgemacht, dazu zwei Weltkriege, Hungersnöte, Depressionen und unzählige weitere Welt- und Wirtschaftskatastrophen durchgestanden. Es gab hunderte, wenn nicht sogar tausende Gründe seine Coca-Cola Aktien in den letzten 100+ Jahren zu verkaufen, doch am reichsten sind die geworden, die es nie gemacht haben – unabhängig vom Kaufzeitpunkt bis heute.
Es herrscht derzeit Krieg in der Ukraine, die Inflation frisst unser Erspartes auf und Lieferengpässe sowie Treibstoffmangel setzen uns noch weiter zu. An der Börse herrscht Panik, wer mag es ihr verdenken. Doch vergleicht man die derzeitige Lage mit Zeitpunkten aus unserer Vergangenheit wird man schnell feststellen, so schlecht geht es uns doch gar nicht. Natürlich ist keine Form von Krieg oder anderen Ereignissen bei denen Menschen ums Leben kommen in irgendeiner Form schön. Aber sie erzeugen Panik, die uns in unsere langfristigen Investmententscheidungen hineinpfuscht. Man stelle sich nur mal vor wie groß die Panik in den 1940er Jahren gewesen sein muss, als Adolf Hitler mit Nazi-Deutschland den 2. Weltkrieg begann. Betrachtet man die letzten 100 Jahre einmal nüchtern, müsste man glatt beeindruckt sein, dass es die Welt und seine Unternehmen überhaupt noch gibt. Trotz aller Katastrophen schaffen qualitativ hochwertige Unternehmen es allem Anschein nach aus jeder Krise und stehen meistens nur wenige Jahre danach sogar noch besser da als zuvor.
Während unser Kopf uns nun bei jeder Kleinigkeit suggeriert, dass es am besten wäre unsere Aktien zu verkaufen bevor diese nichts mehr wert seien oder wir diese gar nicht mehr verkaufen können, ist genau das Gegenteil meist der bessere Weg. Wir brauchen mehr Vertrauen in Unternehmen, deren Qualität Coca-Cola oder Apple gleich kommt. Solche Unternehmen müssen gefunden und gehalten werden – für immer. Nicht selten überstehen diese Unternehmen die eigene Lebensdauer – die Coca-Cola Formel entstand bereits 1886 – wie viele Menschen sind seit dem geboren und auch wieder gestorben und kennen kein Leben ohne Coke? Wie viele hätten seit damals, während ihres ganzen Lebens, Teil dieses Unternehmens werden und davon profitieren können?
Investieren und „tot“ spielen
Hat man Unternehmen von enormer Qualität erst einmal gefunden, ist die beste Halteperiode der Aktien für immer. Wahre Qualität mit enormen Wettbewerbs- und Markenvorteilen halten Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte. Viele kleinere Unternehmen werden es immer wieder versuchen die „Großen“ von ihren Plätzen zu stoßen, wenn diese aber wirklich besonders sind wird ihnen dies zu 99% nicht gelingen. Wann wird die Welt keine Coca-Cola mehr drinken? Die Menschen machen es bereits seit über 130 Jahren und kein Ende ist in Sicht. Der einzige Nachteil an solchen Unternehmen ist ihre Seltenheit. Die Zahl solch besonderer Unternehmen ist begrenzt und es kommen nicht jede Woche neue davon um die Ecke.
Beispiele von heute
Schaut man sich aktuell in der Investmentwelt um, stößt man auf zwei bekannte Investoren, die dieser Strategie so nah kommen wie man (lebendig) nur kommen kann. Guy Spier von Aquamarine Capital hat, ausgenommen den Verkauf seiner Twitter Aktien in Q2 2022, seit Q2 2021 keine Positionen mehr verändert. Auch Warren Buffett’s langjähriger Partner und einer der erfolgreichsten Investoren unserer Zeit, Charlie Munger, verfolgt mit dem Portfolio der Daily Journal Corporation, welches er selbst managt, eine sehr langfristig orientierte Strategie. Dieser hat im letzten Jahr in Q1 2021 angefangen Anteile des chinesischen Riesen „Alibaba“ aufzukaufen, zuvor gab es jedoch seit Q4 2014 keine Veränderung mehr. In letzterem Fall waren es also ganze 7 Jahre, in denen Charlie Munger die Füße stillgehalten hat.
Diese Investmentstrategie eröffnet meiner Meinung nach, richtig angewendet, die Türen zu exorbitanten Renditen, die aktiveren Investoren verwehrt bleiben. Nicht desto trotz scheint diese Strategie jedoch für die meisten Investoren eine der Schwierigsten zu sein, da die lauten Schreie des Marktes nur selten ignoriert werden können und man eine Ruhe benötigt, die die meisten Menschen im Zeitalter einer immer schnelleren Welt nicht mehr besitzen.
Quellen:
1 https://www.businessinsider.com/forgetful-investors-performed-best-2014-9
„Coca-Cola hat nicht nur eine, sondern gleich zwei Jahrtausendwenden als Unternehmen mitgemacht“
Ist das nicht ein wenig dick aufgetragen?
Das Unternehmen hat die Jahrhundertwende 1899/1900 mitgemacht und es hat die Jahrtausendwende vom Jahr 1999 ins Jahr 2000 mitgemacht. Aber die Jahrtausendwende vom Jahr 999 ins Jahr 1000?
Mit:
„Coca-Cola hat nicht nur eine, sondern gleich zwei Jahrhundertwenden als Unternehmen mitgemacht“
wäre ich einverstanden.
Es ist nicht zu dick aufgetragen sondern einfach ein Tippfehler 🙂 Danke für’s Bescheid geben!